Es besteht ein Unterschied zwischen der Befolgung von Befehlen, die durch einen Vermittler angeblich von Gott kommen, und dem Versuch, im Göttlichen Willen zu leben. Der Unterschied ist noch grösser, wenn diese Anordnungen durch staatlichen Zwang durchgesetzt werden und nicht durch das Gemeinwohl gerechtfertigt sind.
Moses (Musa) war ein Vermittler, der dem hebräischen Volk und der Welt die Zehn Gebote Gottes vorstellte, von denen die meisten Verbote sind. Das kann man bedauern, aber man kann keinen Menschen dazu zwingen, das Gute zu tun; die Gesetze dienen dazu, sie unter Androhung von Strafen so weit wie möglich davon abzuhalten, das Böse zu tun. Die Gesetze, die Musa (Moses) gegeben wurden, dienen dazu, das Böse aufzudecken und es zu bekämpfen.
Was dann? Die Macht Satans (Shaytan) kann nicht durch Gesetze beseitigt werden. Die einzige Möglichkeit ist, mit etwas verbunden zu sein, das mächtiger ist als er: mit dem Leben Gottes selbst. Jesus, ‘Issa Al-Massih kam, um uns eine solche Verbindung zum Leben zu bringen; sie macht es möglich, nicht nur das Böse zu vermeiden, sondern auch das Gute wirksam zu tun.
Nach Jesus, ‘Issa Al Massih, wollten sich Menschen als neue Vermittler zwischen Gott und die Menschen stellen, weniger nach dem Vorbild von Moses, der die Gesetze brachte, als nach dem Vorbild von Jesus: Sie behaupteten, sie würden das Gute auf die Erden bringen und es verwirklichen. Und als Vermittler behaupteten sie auch, dass man ihnen bei Todesstrafe gehorchen müsse, während sie Leben zerstörten. Aber Jesus selbst ist kein solcher Vermittler. Er sagt von sich selbst, dass er die Tür und auch der Weg ist. Das ist etwas ganz anderes. Er ist das Leben, das vom Vater kommt.
Die christlichen Heiligen haben dies sehr gut verstanden und oft darüber geschrieben, manchmal sogar mit Worten, die sie von Gott in ihrem Herzen empfangen haben, wie zum Beispiel Luisa Piccarreta: „Meine Tochter, in meinem Willen zu leben bedeutet, das Leben zu leben, das dem der Seligen im Himmel am ähnlichsten ist. Es ist sehr weit entfernt vom Leben der Seele, die sich einfach meinem Willen anpasst und ihn tut, indem sie treu seine Befehle ausführt. Der Abstand zwischen den beiden ist so gross wie zwischen Himmel und Erde, so gross wie zwischen einem Sohn und einem Diener und zwischen einem König und seinem Untertan“ [1]. Und: „Damit mein Wille herrschen kann, brauche ich keine andere Menschheit [also keinen anderen Vermittler], sondern ich will den Seelen eine solche Kenntnis von meinem Willen vermitteln, daß sie angezogen werden von seinen Wundern, seiner Schönheit, seiner Heiligkeit und den unermesslichen Vorteilen, die sich daraus ergeben, und sich seinem Reich mit vollkommener Liebe unterwerfen können“ [2].
Dann versteht man besser, was das glorreiche Kommen Jesu (‘Issa Al Massih) sein wird, das nicht nur das Reich des Antichrist, Ad Dajjâl, vernichten wird, sondern es wird alle, die das Reich des Lichts und der Wahrheit angenommen haben, das sich in Jesus manifestiert hat, in den göttlichen Willen versetzen. Seine Herrschaft wird darin bestehen, dass die Menschen sich ihm zuwenden und sich damit von Satan abwenden, der sie nicht mehr verführen kann (symbolisch wird seine Macht ‚angekettet‘, so der Text der Apokalypse - Offb 20:1-2). Sie müssen ihr Leben dann so gut wie möglich zum Wohle aller gestalten.
Gott verlangt nicht von uns, dass wir träumen, sondern dass wir auf sein Reich hoffen, indem wir es vorbereiten und es jetzt schon zu leben versuchen. Wie können wir das tun? Vor allem, indem wir in unserem Leben beabsichtigen, den göttlichen Willen zu tun, und dieser Segen strahlt von uns aus.
[1] Luisa PICCARRETA, 18. September 1924.