Die Apostel wandten sich zuerst an die Millionen hebräisch-aramäischer Menschen, die in Palästina und vor allem im Ausland lebten, hauptsächlich auf den Handelswegen zwischen Ost und West. Viele folgten den Aposteln, trotz Verfolgungen. Das Christentum spricht zu den Menschen über den Sinn der Geschichte, über Hoffnung und Motivation. Im Hebräerbrief heisst es: „So wird Christus, nachdem er sich einmal geopfert hat, um die Sünden vieler wegzunehmen, ein zweites Mal erscheinen, nicht mehr um der Sünde willen, sondern zur Rettung [für die Verlebendigung] derer, die ihn erwarten“ (Hebr 9:28).
Aber einige wiesen das Evangelium zurück, das ihnen verkündet worden war, vor allem im Umfeld von König Herodes Agrippa [1], der sich schliesslich selbst zum Messias erhob [2]. Dann breitete sich dieser messianistische Geist aus bis hin zu einem Aufstand gegen das römische Protektorat im Jahr 66, der als „erster jüdischer Krieg“ bezeichnet wurde. Nach 70 n. Chr. nahm schliesslich die erste messianistische Doktrin Gestalt an, d. h. das erste Projekt einer Versklavung der Welt im Namen Gottes, wobei die Menschen dann in ‚gut‘ und ‚böse‘ einteilt werden, und die Erlösung der Welt als Unterwerfung oder physische Ausrottung der "Bösen" verstanden wird [3].
Diese Vorstellung, dass die Welt versklavet werden muss, wird von dem muslimischen Historiker Ibn Khaldun aufgegriffen, der 'Umar (anlässlich des Wiederaufbaus der Stadt Kûfa) sagen lässt: „Mach...(aber) halte dich treu an die Praktiken des Propheten (~), und du wirst die Herrschaft über die Welt für immer behalten“ [4]. Viele, die den Koran lesen, erkennen darin ein solches Programm der Weltherrschaft: „Wir haben im Psalter nach der Ermahnung geschrieben: ‚Ja, sie werden die Erde erben, Meine rechtschaffenen Diener‘ “ (Sure Die Propheten 21:105). In Wirklichkeit aber bedeutet „das Land“ im Psalter das „verheissene Land“, Palästina. Ist es wirklich Gott, der die Welt in ein Dar al ḥarb und Dar al Islam aufteilt, in eine zu erobernde Welt und eine für den Islam eroberte Welt?
Der messianistische Geist und die Sichtweise, dass die Welt zu versklaven sei, sind eine Verfälschung der christlichen Hoffnung, in der es für die Vorstellung einer Versklavung keinen Platz gibt. Eine Verurteilung und Ausrottung des ‚Bösen‘ wird es erst nach der glorreichen Ankunft von Al Massih geben.
Issa Al Massih wird wiederkommen, um die zu beleben, die auf ihn warten (Hebr 9:28). Und weil diese Verlebendigung ein Prozess ist, beinhaltet die Geschichte des Endes das, was der heilige Irenäus ein Reich der Gerechten auf Erden nennt, "das Vorspiel zur Unvergänglichkeit, ein Reich, in dem die, welche für würdig befunden wurden, sich allmählich daran gewöhnen, mit Gott in Berührung zu kommen [5].
Dieses Reich der Gerechten auf Erden wird nach der glorreichen Ankunft von Al Massih kommen.
[1] Geboren um 10 v. Chr. und gestorben um 44 in Cäsarea, Enkel von Herodes dem Grossen, er war der letzte jüdische König von Judäa.
[2] Flavius JOSEPH berichtet über das Erstaunen der Menge beim Anblick von Herodes Agrippa: „Bislang haben wir dich als Mensch verehrt, aber jetzt erkennen wir, dass du von Natur aus den Sterblichen überlegen bist!“ (Jüdische Altertümer XIX, 345)
[3] Targum Jonatan zu 1. Mose 49,10-12 (2. Jh.).
[4] Les prolégomènes, De Slane, Paris, Geuthner, 1934, t.2, S.273
[5] Irenäus, Gegen die Häresien, V, 32, 1